Urheberrecht » Wahrnehmung der Rechte ohne VG

Wahrnehmung der Rechte, wenn keine Mitgliedschaft in einer Verwertungsgesellschaft besteht

Was ist zu tun, wenn Künstler*innen und Kreative nicht Mitglied in einer VG sind? 
In einem solchen Fall haben Künstler*innen und Kreative die Urheberrechte an einem Werk selbst gegenüber (ggf. unberechtigten) Nutzer*innen im In- und Ausland einzufordern und durchzusetzen. 

Beispiel: 
Ein deutscher Medienkünstler möchte Ausschnitte einer Video-Tanzperformance eines britischen Künstlers für seine Installation benutzen. Der britische Künstler ist nicht Mitglied einer Verwertungsgesellschaft.

Da der britische Künstler seine Rechte aus der Tanzperformance selbständig wahrnimmt, sollte der deutsche Medienkünstler bei ihm eine schriftliche Genehmigung zur Nutzung der Tanzperformance in seiner Installation einholen. Dabei sollte er in der Anfrage die Ausschnitte aus der Performance genau benennen und eine Gebühr für die Nutzungsgenehmigung vorschlagen.

Beispiel: 
Ein brasilianisches Theater, das im Rahmen eines Festivals ein deutsches Theaterstück gesehen hat, möchte den Text des Stückes bearbeiten und übersetzen, um es in Brasilien zur brasilianischen Erstaufführung zu bringen. Der Autor wird von keinem Verlag und keiner Verwertungsgesellschaft vertreten.

Sowohl die inhaltliche Textbearbeitung, als auch die Übersetzung des Theaterstückes in eine andere Sprache stellen genehmigungspflichtige Veränderungen des Ausgangswerkes dar. Da der deutsche Autor des Theaterstückes seine Rechte an dem Theaterstück vollständig selbst wahrnimmt, kann er gegenüber dem brasilianischen Theater
a) die Aufführung des Theaterstückes mit der Bearbeitung des Textes genehmigen,
b) die Aufführung des Theaterstückes ohne die Bearbeitung des Textes genehmigen,
c) die Aufführung des Theaterstückes nicht genehmigen. 

Zu a): In die Genehmigung sollten die Veränderungen, mit denen sich der deutsche Autor einverstanden erklärt, in einer Anlage einzeln genau benannt und aufgeführt werden bzw. weitere Änderungen über die in der Anlage dargestellten hinaus, ausdrücklich ausgeschlossen werden. Wird die Genehmigung in seiner Ausgestaltung nicht beachtet, so kann der Autor die Aufführung untersagen und sofern ein tatsächlicher Schaden entstanden ist, diesen geltend machen. 

Zu b): Hier kann die Genehmigung beschränkt auf die unbearbeitete deutsche Fassung erteilt werden. 

Zu c): Keine Genehmigung erteilen: Im Falle der Nichtbeachtung kann dem brasilianischen Theater jede weitere Aufführung/Verwendung durch Unterlassungserklärung verboten werden sowie ein Nachhonorar und eventuell Schadensersatz eingefordert werden. 

Sind Künstler*innen und Kreative nicht Mitglied in einer VG, bedeutet dies auch, dass sie Ansprüche auf Unterlassung (das heißt der*die nicht berechtigte Verwerter*in muss unverzüglich die Nutzung beenden) selbsttätig geltend machen müssen sowie die Zahlung von (Nach-)Honorar und Schadensersatz einfordern müssen. 

Beispiel: 
Eine Privatperson in China veröffentlicht Fotos von einem Berlinbesuch auf der eigenen Website, darunter Fotografien von Objekten einer deutschen Designerin. Die Designerin wurde darüber nicht informiert, sie ist mit der Veröffentlichung nicht einverstanden.

Die deutsche Designerin kann grundsätzlich die weitere Unterlassung, ein (Nach-)Honorar sowie bei nachweisbarem Schaden, einen Schadensersatz verlangen. Über das Impressum der Website erfährt sie den Verantwortlichen und kann sich per E-Mail mit Ihren Forderungen an diesen wenden. 

Insgesamt wird sich die Verfolgung dieser Rechte jedoch als schwierig gestalten, da der unberechtigte Nutzer seinen Wohnsitz in China, und folglich außerhalb der EU, hat. Eine darüber hinausgehende Rechtsverfolgung ist daher nur zweckmäßig, wenn es um hohe Summen geht, wovon hier nicht auszugehen ist.

Beispiel für generelles Vorgehen, wenn Werke widerrechtlich genutzt werden

Ein*e Künstler*in, dessen bzw. deren Werk irgendwo widerrechtlich genutzt wird, sollte zunächst großen Wert auf die Beweissicherung legen. Wurde bspw. ein Bild abgedruckt, so besorgt man sich ein Exemplar der Zeitschrift oder des Buches. Im Falle einer unzulässigen Verwendung im Internet sollte genau festgehalten werden, wann (Tag, Uhrzeit) unter welcher Internet-Adresse das Bild zu sehen war. Ein*e möglichst unbeteiligte*r Zeug*in, der*die dieses in einem Protokoll schriftlich bestätigt, ist empfehlenswert.

Danach ist der für die Urheberrechtsverletzung Verantwortliche herauszufinden. Bei Zeitungen, Zeitschriften, Büchern, Internet usw. hilft das Impressum oder zumindest die Verlagsangabe. Hat die Internetseite kein Impressum, so kann über die Domain (Internet-Adresse) der*die Inhaber*in der Seite über das Deutsche Network Information Center bzw. das Internet Network Information Center herausgefunden werden. Ist der*die Inhaber*in der Domain nicht selbst verantwortlich, so kann er bzw. sie zumindest Auskunft über den tatsächlichen Verantwortlichen geben.

Konnte der*die Verantwortliche herausgefunden werden, so sollte diese*r schriftlich zur weiteren Unterlassung verpflichtet werden. Man schickt ihm*r per Einschreiben mit Rückschein eine Aufforderung, innerhalb einer bestimmten Frist (mindestens sieben Werktage) den Missbrauch abzustellen und sich zu verpflichten, auch in Zukunft jeden Missbrauch der Benutzung zu unterlassen. Diese Unterlassungsverpflichtung kann man auch „strafbewehrt“ verlangen, das heißt bei jeder künftigen Urheberrechtsverletzung dieses Werkes hat der Gegner eine bestimmte Summe X an den*die Künstler*in zu zahlen. 

Darüber hinaus kann ein angemessenes Honorar für die erfolgte Verwendung verlangt werden. Wobei in der deutschen Rechtsprechung ein Aufschlag von bis zu 100 % für eine unterlassene Urheberrechtsverletzung durchaus zuerkannt wird.

Schließlich besteht ein Anspruch auf Schadensersatz, wenn ein tatsächlicher Schaden entstanden und dieser auch nachweisbar ist. 

In einigen EU-Ländern kann man inzwischen deutsche Gerichtstitel vollstrecken (lassen), das heißt ein*e deutsche*r Künstler*in steht zum Beispiel in Belgien einem*r Urheberrechtsverletzer*in, der*die dort wohnt oder seinen bzw. ihren Sitz hat, genauso gegenüber wie in Deutschland. Allerdings gilt dieses nicht immer uneingeschränkt, so dass man seine Rechte innerhalb der EU unbedingt mit einem*r erfahrenen Rechtsanwalt bzw. Rechtsanwältin verfolgen sollte.

Bei Urheberrechtsverletzer*innen, die außerhalb der EU wohnen oder ihren Geschäftssitz außerhalb der EU haben, lohnt sich eine Rechtsverfolgung meist nur, wenn es um wirklich hohe Summen geht. 

Etwas anderes kann unter Umständen gelten, wenn der*die Urheberrechtsverletzer*in in den USA sitzt. In den USA sind Urheberrechtsverletzungen sehr teuer und teilweise auch strafbar, so dass es sich bei umfangreicheren Fällen lohnen könnte, eine*n US-Anwalt bzw. Anwältin einzuschalten.

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