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Sozialversichert über die Europäische Union hinaus

Generell gilt: Bei temporären Tätigkeiten deutscher Künstler*innen und Kulturschaffender außerhalb der EU bzw. bei temporären Tätigkeiten von Künstler*innen und Kreativen aus dem außereuropäischen Ausland in Deutschland ist zu prüfen, ob zwischen Deutschland und dem entsprechenden Land ein Sozialversicherungsabkommen besteht. Das Abkommen definiert, welche Rechtsvorschriften angewendet werden und welche Zweige der Sozialversicherung abgedeckt sind. Sozialversicherungsabkommen wurden geschlossen, um Überschneidungen bzw. Doppelversicherungen in beiden Ländern zu vermeiden.

Besteht kein Sozialversicherungsabkommen, müssen die Rechtsvorschriften beider Länder geprüft werden. Arbeitet eine Künstlerin für ein Jahr in einem Land, mit dem Deutschland kein Abkommen geschlossen hat, so unterliegt sie als Arbeitnehmerin dem Sozialversicherungsrecht des Gastlandes, während die deutsche Sozialversicherungspflicht möglicherweise ebenso bestehen bleibt. Eine Doppelversicherung ist dann nicht ausgeschlossen. Dies gilt analog für eine Künstlerin aus dem außereuropäischen Ausland, die ein Jahr (oder länger) in Deutschland arbeitet. 

Von Deutschland ins außereuropäische Ausland

Entsendungen (und Selbstentsendungen) in Staaten außerhalb der EU, des EWR und der Schweiz sind nur möglich, wenn ein bilaterales Sozialversicherungsabkommen besteht und dies vorsieht. Unter Umständen unterliegt dann die oder der aus Deutschland Entsandte weiterhin nur der deutschen Sozialversicherung, leistet also nach wie vor dieselben Beiträge an den deutschen Träger und kann Leistungen über diesen in Anspruch nehmen. Im Ausland wird sie bzw. er nicht versicherungspflichtig. 
Deutschland hat mit etwa 50 Ländern (inklusive der EU- und EWR-Staaten) bilaterale Sozialversicherungsabkommen geschlossen, die uneinheitlich ausgestattet sind. Die Abkommen decken nicht immer alle Zweige der Sozialversicherung (Krankheit, Unfall, Arbeitslosigkeit, Pflege, Rente) ab, sondern regeln teilweise nur einzelne Bereiche (Liste der Abkommenstaaten). Zum Teil bestehen auch keine vergleichbaren Pflichtversicherungen im anderen Land. 

Voraussetzung (nach § 4 SGB IV zur Ausstrahlung) für den Fortbestand der deutschen Versicherungspflicht in Deutschland ist, dass der Aufenthalt von vornherein vertraglich befristet ist oder, dass er durch die Eigenart der Tätigkeit begrenzt bzw. die Tätigkeit in der Natur der Sache befristet ist (wie bei Projekten, Produktionen oder Recherchearbeiten). 

Was bedeutet das konkret für in Deutschland versicherte Künstler*innen und Kreative?

Beispiel: 
Ein freiberuflicher in Deutschland versicherter Videokünstler geht für einen in Indonesien ansässigen Festivalveranstalter zu Dokumentationsarbeiten und Filmaufnahmen für ein Jahr nach Indonesien. Er erhält einen Werkvertrag. Bleibt seine Versicherungspflicht in Deutschland über die KSK bestehen?

Der Videokünstler wendet sich an die KSK und muss dieser gegenüber die zeitliche Befristung seines Auslandsaufenthalts nachweisen (hier: durch den Werkvertrag gegeben). In diesem Fall wird nach den deutschen Rechtsvorschriften, das heißt nach dem KSVG, über den Fortbestand der Versicherungspflicht entschieden. Er sollte sich zusätzlich bei den zuständigen Behörden im Ausland informieren, welchen Abgabepflichten er vor Ort unterliegt. Unter Umständen besteht eine Versicherungspflicht in beiden Staaten, weil Indonesien zum sogenannten vertragslosen Ausland gehört, also kein Abkommen zur sozialen Sicherheit mit Deutschland besteht.  

Ebenso sollte sich der Künstler an seine zuständige Krankenkasse wenden, um sich über die Absicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung während seines Auslandsaufenthalts zu informieren (s. Auslandskrankenversicherung).

Variante: Der Videokünstler geht für unbefristete Zeit nach Indonesien und verlagert seinen Lebens- und Arbeitsschwerpunkt dorthin. 

Ist keine Befristung des Auslandsaufenthalts gegeben, beendet die KSK nach dem KSVG die Versicherungspflicht. Der Künstler unterliegt dann ausschließlich indonesischem Sozialrecht. Kehrt der Künstler später zurück und übt seine künstlerische Tätigkeit wieder in Deutschland aus, muss er sich erneut bei der KSK zur Überprüfung der Versicherungspflicht melden.

Beispiel: 
Eine deutsche Tänzerin und Tanzpädagogin unterrichtet im Rahmen einer Tanzakademie-Partnerschaft für zwei Jahre in Skopje, Mazedonien. Die deutsche entsendende Akademie, die die Kosten übernimmt, schließt über diesen Zeitraum einen Vertrag mit ihr ab.

Zwischen Deutschland und Mazedonien besteht ein Sozialversicherungsabkommen, das alle Versicherungen des deutschen Sozialrechts abdeckt. Durch die vertraglich befristete Entsendung bleibt die Versicherungspflicht für die Tänzerin nach dem KSVG bestehen. In Mazedonien muss sie dem Abkommen gemäß keine Beiträge zur Sozialversicherung leisten. 

Beispiel: 
Ein freischaffender armenischer Designer kommt zu Recherchezwecken für fünf Monate nach Deutschland. 

Zwischen Deutschland und Armenien besteht kein Abkommen zur sozialen Sicherung, das heißt, dass die armenischen und die deutschen Rechtsvorschriften geprüft werden müssen. Für Deutschland gilt dann § 5 SGB IV über die sogenannte Einstrahlung nach Deutschland. Diese besagt, dass der armenische Designer nicht unter die deutsche Sozialversicherungspflicht fällt. Während seines befristeten Aufenthalts unterliegt er diesbezüglich weiterhin den armenischen Rechtsvorschriften. Wichtig ist in seinem Falle zusätzlich, dass er eine gültige Aufenthaltsgenehmigung für Deutschland hat (s. Visa und Aufenthalt) und über einen Krankenversicherungsschutz verfügt (s. Krankenversicherung für ausländische Gäste). 


Weiterführende Informationen

Diese Tabelle liefert einen Überblick über den Geltungsbereich in den Staaten, mit denen Deutschland Abkommen über soziale Sicherheit geschlossen hat. 

Der GKV-Spitzenverband liefert Merkblätter zu einzelnen Ländern. 

Hier finden sich auch Kontaktadressen zu Verbindungsstellen im (vertraglichen) Ausland, sowie zu den einzelnen Versicherungszweigen in Deutschland. 

Ansprechpartner und Informationsstelle ist in Deutschland die KSK, der GKV-Spitzenverband und im Ausland der jeweilige Sozialversicherungsträger – der in den jeweiligen Merkblättern aufgeführt ist.  

Hier geht es zum Download der Formulare der E-Serien für Bürger*innen aus Drittstaaten, die in der EU leben. 

Rechtsgrundlage: Bei Auslandsaufenthalten außerhalb der EU findet das Vierte Buch, Sozialgesetzbuch (SGB IV) Anwendung; bei Ausstrahlung § 4 SGB IV und bei Einstrahlung § 5 SGB IV.

Wichtig

Eine Krankenversicherung ist während eines Aufenthalts in Deutschland obligatorisch (s. Krankenversicherung für ausländische Gäste).

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